In diesem Grundlagenartikel wollen wir uns die in aktuellen Digitalkameras verbauten Sensorformate einmal näher anschauen. Die Bandbreite reicht dabei von Kompaktsensoren für ebensolche Kameras bis hin zu Mittelformatsensoren für die Flaggschiffe von Hasselblad und Fujifilm. Die Abmessungen liegen entsprechend zwischen „kleiner Fingernagel“ und „recht große Briefmarke“.
Wir werfen zunächst einen Blick auf die gängigen Formate, danach wenden wir uns dem Cropfaktor zu.
Unsere Infographik zeigt zunächst die Sensorformate mit Abmessungen in der Übersicht (in Klammern das Seitenverhältnis, engl. aspect ratio):
(Die als Maßstab abgebildete 1-Euro Münze hat einen Durchmesser von 23.25mm.)
Auf den ersten Blick ist die Vielfalt verwirrend. Früher war die Welt der Photographie aber auch nicht einfacher. Eine Auswahl gängiger Filmformate aus der analogen Ära:
Wer alle Formate entwickeln und ggf. vergrößern wollte, mußte praktisch dauernd an seine Dunkelkammer anbauen; Vergrößerungsgeräte und Entwicklungsschalen und -trommeln für Großformat zum Beispiel bauen auch entsprechend groß.
Das ist aber heute auch nicht viel anders: Wer A2 oder Endlosrollen bedrucken will, sollte für den Drucker schon mal ordentlich Platz einkalkulieren.
Es ist außerdem erwähnenswert, daß selbst der kleinste Sensor in der Graphik (1/2.3″, auch als Kompaktsensor bezeichnet) noch etwas größer ist als der typische Smartphone Kamerasensor. So wird zum Beispiel in den meisten höherwertigen Samsung Handys bis zum Galaxy S6 der Sony Exmor IMX240 verbaut. Dieser Bildsensor hat ein Format von 1/2.6″, das entspricht einer Bilddiagonalen von etwa 6.8mm.
Sehen wir uns die digitalen Sensorformate mal im Einzelnen an, beginnend mit dem kleinsten.
Typische Sensorgröße für Kompakte und viele Superzooms. Auflösung bis etwa 20 Megapixel. Alle Kameras in diesem Segment haben ein fest eingebautes Objektiv.
Der sehr kleine Sensor führt bei den heute typischen Auflösungen zu entsprechend kleinen lichtempfindlichen Elementen auf dem Chip. Die Folgen sind geringe Lichtempfindlichkeit und Bildrauschen, wenn es mal dunkel wird, also z.B. in der Dämmerung oder in Innenräumen. Würde man Kameras mit Kompaktsensor als Schönwetterkameras bezeichnen, läge man nicht gänzlich falsch.
Typischer Vertreter: Panasonic Lumix DC FZ82
Gesprochen: „Ein Zoll“. Populäre Größe für anspruchsvolle Amateurkameras, z.B. die Sony RX100 Reihe. Die Nikon 1 Reihe war die einzige spiegellose Systemkamera, d.h. mit wechselbarem Objektiv, mit einem 1″ Sensor. Mangels Nachfrage wurde das System aber inzwischen eingestellt.
Immer noch weit entfernt vom Kleinbild, aber schon ein erheblicher Sprung bei der Bildqualität. Ebenfalls in der Regel um 20 Megapixel. Die vierfache Fläche, verglichen mit einem Kompaktsensor, führt zu wesentlich besserem Rauschverhalten.
Typischer Vertreter: Sony RX100 V
Verwendet in spiegellosen Systemkameras mit Wechseloptik von Olympus und Panasonic. Cropfaktor 2, d.h. ein 25mm Objektiv entspricht der 50mm Normalbrennweite im Kleinbildformat.
Der kleine Sensor und ein Kameragehäuse ohne Spiegelkasten führen zu einem sehr portablen Komplettsystem. Einer der Gründe dafür, daß diese Kamerakategorie sich großer Popularität erfreut.
Mittlerweile ein recht großes Objektivangebot, etwa 80 Wechselobjektive sind für MFT verfügbar.
Typischer Vertreter: Olympus OM-D E-M1 Mark II
Das gängigste Format für Einsteiger- und Aufsteiger Spiegelreflexkameras, z.B. von Canon oder Nikon. Ebenfalls in spiegellosen Systemkameras z.B. von Fujifilm und Sony verwendet. Cropfaktor 1.6, d.h. ein Objektiv von etwa 30mm Brennweite entspricht der 50mm Standardobjektiv.
Von der Bildqualität nahe am Kleinbild und mit einem sehr großen Objektivangebot (Nikon ca. 200, Canon ca. 250).
Typischer Vertreter: Nikon D5600
Sensorgröße 24 x 36mm² wie im klassischen Kleinbildformat (besonders im englischen Sprachraum auch „35mm“ genannt, da das Filmformat von perforiertem 35mm Kinofilm abgeleitet ist). Verwendet in anspruchsvollen Amateur und Profi Spiegelreflexkameras aber auch in kostspieligen Kompakten, wie etwa der Sony RX1. Cropfaktor 1, d.h. es gelten die gleichen Objektiveigenschaften wie beim Kleinbildfilm: 35mm leichtes Weitwinkel, 50mm Normalbrennweite, 70mm leichtes Tele usw.
Immer noch der „Goldstandard“, aber man bezahlt dafür mit großen und schweren Kameragehäusen und entsprechenden Objektiven. Die Verkäufe dieser Geräteklasse sind seit Jahren rückläufig (Auch weil die Kameras anders als als noch vor 10 Jahren mittlerweile schlicht gut genug sind. Man muß also nicht mehr jedes Jahr eine neue kaufen.)
Typischer Vertreter: Canon EOS 5D Mark IV
Gegenwärtig hauptsächlich in spiegellosen Systemkameras von Hasselblad und Fujifilm verwendet, aber auch in digitalen Rückteilen. Bei echtem Mittelformat mit 45 x 60mm² (Pentax 645) oder 60 x 60mm² (Hasselblad und Rolleiflex) wäre der Cropfaktor etwa 0.6, d.h. ein 80mm Objektiv wäre die Normalbrennweite. Die verbauten 50 Megapixel Sensoren von Sony sind mit ca. 44 x 33mm² aber um einiges kleiner, woraus sich eine Normalbrennweite von etwa 65mm ergibt.
Typischer Vertreter: Fujifilm GFX 50S
Auch Formatfaktor (die korrekte Bezeichnung) oder Brennweitenverlängerung (ganz und gar nicht korrekt) genannt. Der aus dem englischen stammende Cropfaktor hat sich mittlerweile in Deutschland eingebürgert, weshalb wir dabei bleiben. Englisch Croppen heißt beschneiden, was, ohne zu tief in die Gesetze der Optik einsteigen zu wollen, dem Sachverhalt auch recht nahe kommt.
Nachstehende Infographik veranschaulicht den Cropfaktor:
Links ein Kleinbild (oder Vollformat) Sensor (blaue Farbe). Überlagert dem Sensor in hellgrau ist der Bildkreis eines beliebigen Kleinbildobjektivs. Der Bildkreis ist die Fläche, auf die das Objektiv das Motiv abbildet. Der Sensor füllt den Bildkreis fast vollständig aus.
Rechts ein APS-C Sensor (wieder blau). Verwenden wir an einer APS-C Kamera ein identisches Kleinbildobjektiv erhalten wir einen identischen Bildkreis. Da der Sensor aber kleiner ist, werden die schraffiert dargestellten Bildteile beschnitten (oder eben gecropped) und fallen unter den Tisch.
Um das Motiv vollständig auf dem kleineren Sensor abzubilden, also ohne Beschnitt, muß das Objektiv „weitwinkliger“ werden. Das geschieht durch Verringerung der Brennweite. Der Faktor für diese Brennweitenverringerung ergibt sich nun einfach aus dem Verhältnis der Sensordiagonalen. Bei einer Diagonalen von 43mm für Kleinbild und 27mm für APS-C errechnet sich der Cropfaktor zu 43mm/27mm = 1.6.
Wenden wir nun den Cropfaktor auf die Kleinbild Normalbrennweite von 50mm an, ergibt sich für APS-C eine Brennweite von 50mm/1.6 = ca. 32mm für ein Normalobjektiv.
Nun haben Objektive mit kurzer Brennweite einen größeren Schärfentiefenbereich als Objektive mit langer Brennweite (Das ist gut sichtbar bei Handys, in die sehr weitwinkelige Objektive verbaut werden, entsprechend etwa 25mm bei Vollformat. Da ist dann im Allgemeinen ab 1-2m alles scharf.)
Wenn also wie oben gesehen, für den selben Bildwinkel eine kürzere Brennweite benötigt wird, ergibt sich daraus eine größere Schärfentiefe. Als Faustregel gilt demnach, daß ein kleiner Sensor bei gleichem Bildwinkel eine größere Schärfentiefe hat als ein großer Sensor. Es ist daher bei kleinen Sensoren schwieriger, Motive durch gezielte Unschärfe des Hintergundes freizustellen.
Ein Beispiel: Ein typisches Portraitobjektiv für das Vollformat hat 85mm Brennweite bei einer größten Blende von 1.4. Durch diese sehr große Blende ist die Schärfentiefe gering und das Motiv kann gut vom Hintergrund freigestellt werden; bei Portraits ein schöner Effekt, der das Motiv betont und hervorhebt.
Welche Daten müßte ein Objektiv für APS-C haben, um den selben Bildeindruck zu ergeben? Wenden wir den APS-C Cropfaktor auf das Portraitobjektiv an, erhalten wir eine Brennweite von etwa 53mm (85mm/1.6). Um die selbe, sehr geringe Schärfentiefe zu erhalten, müßte die Blende im gleichen Maß vergrößert werden, also auf etwa 0.9 (1.4/1.6), d.h. die Frontlinse des Objektivs hätte einen größeren Durchmesser als die Brennweite lang ist, eine aufwendige Angelegenheit (Wie es der Zufall will, gibt es tatsächlich ein Objektiv mit fast genau diesen Daten: das Leica Noctilux 50/0.95. Der Preis ist fünfstellig.)
Dieser Umstand bleibt, mehr noch als das bessere Rauschverhalten, eines der wesentlichen Argumente für einen großen Sensor.
Hinweis: Weiterführendes findet sich in den Wikipedia Artikeln zum Cropfaktor und zur Schärfentiefe.
Veröffentlicht: 12.02.2017 09:07
Autor: Camera Creativ Team
Bildnachweis: Camera Creativ bzw. Hersteller (soweit nicht anders angegeben)
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