In diesem Beitrag werfen wir einen Blick auf die wichtigsten Typen von Digitalkameras: spiegellose Systemkameras, digitale Spiegelreflexkameras, Superzooms, Kompaktkameras und Outdoor- bzw. Action Cams. Besonders Ein- und Aufsteiger, denen die Bildqualität und die fotografischen Möglichkeiten der Handykamera nicht mehr genügen, werden von der Vielfalt des Angebots oft überwältigt. Wir geben daher auch Empfehlungen für die gängigsten Anwendungsfälle.
Nicht berücksichtigt werden einfache Knipskameras, die inzwischen weitgehend durch Smartphones ersetzt wurden. Auch Sofortbildkameras (analog oder hybrid analog / digital) fallen unter den Tisch.
Spiegellose Systemkameras (auch „DSLM“ genannt für Digital Single Lens Mirrorless) stehen in unserer Betrachtung ganz vorne, und das ist kein Zufall. In dieser Kamerakategorie spielt die Musik und das schon eine ganze Weile – die Angebote von Sony, Panasonic, Olympus und Fujifilm treiben die Kameratechnik mit neuen Sensoren, rasantem Autofokus und professionellen Videofähigkeiten voran.
Systemkamera beschreibt dabei eine Kamera, die mit Wechselobjektiven bestückt werden kann, also Teil eines Systems aus Gehäusen und Objektiven ist. Auf einen Rückschwingspiegel, der das einfallende Licht über optische Elemente ins Auge lenkt, verzichten die Kameras dieser Kategorie, daher spiegellos. Statt dessen wird das Bildsignal ständig vom Sensor ausgelesen und entweder auf einem rückwärtigen Monitor oder in einem elektronischen Sucher angezeigt.
Stellvertretend ist hier eine sehr weit verbreitete Systemkamera abgebildet, die Sony Alpha A6000:
Der Verzicht auf den Klappspiegel spart Platz im Gehäuse, die Kameras sind daher bei sonst ähnlichen Daten meist kleiner und leichter als Spiegelreflexkameras. Der Auslösevorgang ist außerdem leiser und bei Kameras mit elektronischem Verschluß sogar komplett geräuschlos, ideal für die Fotografie in Konzerten, auf Hochzeiten und so weiter. Ohne Spiegel filmt es sich auch besser; die Latte ist hier von Spezialisten wie Panasonics GH5 sehr hoch gelegt worden – so hoch, daß herkömmliche Spiegelreflexkameras nicht mehr drüberspringen können. Schon die Basismodelle der Kategorie bieten Funktionen wie HDR und Schwenkpanoramen und zeichnen mindestens Full HD Video auf.
Ab Mittelklasse bieten die Kameras 4K Video und Sonderfunktionen wie Post Focus, Focus Stacking, Zeitraffer, Superzeitlupe und vieles mehr. Von alten Hasen werden derartige Kameras denn auch gerne als „Objektiv mit anhängendem Computer“ abgetan. Dieselben alten Hasen haben allerdings überhaupt kein Problem mit dem per Mikroprozessor kontrollierten Autofokus oder der elektronische Blendensteuerung ihrer Spiegelreflex.
Gegenwärtig auf dem Markt verfügbar sind Systemkameras mit Sensorgrößen zwischen Micro Four Thirds (MFT, auch M4/3), APS-C, Vollformat bzw. Kleinbild und Mittelformat:
(Die mit 1″ Sensor bestückten Nikon 1 Kameras sind mittlerweile eingestellt worden; der 1/2.3″ Sensor findet sich in Kompakten und Superzooms. Smartphone Sensoren sind in der Regel nochmals etwas kleiner.)
Ohne zu tief einsteigen zu wollen, kann man sehr vereinfacht sagen, daß ein größerer Sensor bessere Bildqualität durch geringeres Bildrauschen (oder „Korn“) bietet, aber im Allgemeinen auch zu höheren Preisen für Gehäuse und Objektive führt. Ausnahmen bestätigen die Regel: So gibt es durchaus APS-C Digitalkameras, die trotz größeren Sensors deutlich billiger zu haben sind als Topmodelle mit MFT Chip. Der Grund ist oft in der besseren Ausstattung dieser Kameras zu suchen, die etwa über dedizierte Mikrofoneingänge, einen integrierten Bildstabilisator und ähnliches verfügen.
Mit der Entscheidung für ein System bindet man sich an einen Hersteller bzw. einen Objektivanschluß; relevant sind gegenwärtig die folgenden:
Der direkte Anschluß eines Objektivs mit Sony E-Mount an eine Kamera von Fujifilm ist ebensowenig möglich wie die Verwendung einer MFT Linse an einer spiegellosen Canon. Für gängige Kombinationen gibt es Adapter, doch muß man dann oft mit Einschränkungen beim Autofokus, der Bildstabilisierung und ähnlichem leben.
Ein wesentliches Kriterium für oder gegen ein System stellt die Anzahl verfügbarer Objektive dar. Noch vor drei bis vier Jahren war das Angebot für die Spiegellosen im Vergleich zu traditionellen Spiegelreflexen sehr beschränkt. Mittlerweile kann man aber davon ausgehen, daß Objektive für praktisch jede gängige fotografische Aufgabenstellung verfügbar sind. Die mengenmäßig größte Auswahl bietet das Micro Four Thirds System, gefolgt von Sony E-Mount und Fuji X an dritter Stelle. Weit abgeschlagen ist Canons M-System mit nur einer Handvoll Linsen. Alle vier Systeme haben gegenwärtig noch Defizite bei Spezialobjektiven (etwa Tilt/Shift) sowie sehr langen Brennweiten. Im Notfall helfen auch hier Adapter, mit denen Bestandsobjektive angeschlossen werden können.
Preislich beginnen spiegellose Systemkameras bei etwa 400,– Euro für APS-C Modelle von Sony (etwa die oben abgebildete A6000 bzw. die sucherlosen A5xxx) oder Fujifilm (hier zum Beispiel die X-A5). Auf ähnlichem Niveau sind MFT Einsteiger zu bekommen (Panasonic Lumix GX800) oder die Basismodelle von Canons M-System (EOS M100).
Aktuelle Systemkameras mit Vollformatsensor beginnen derzeit bei etwa 2.000,– Euro (Sony A7 III, wobei die erste Generation auch schon für deutlich unter 1.000,– Euro zu haben ist); im Mittelformat können die Preise je nach Objektivbeigabe durchaus fünfstellig werden (Fujifilm GFX 50S).
Auch wenn es im vorhergehenden Abschnitt anders klingt – die klassische Spiegelreflexkamera, vertreten besonders durch Canon und Nikon, lebt. Sie fühlt sich nur nicht besonders wohl. Technische Überlegenheit gegenüber einer Spiegellosen hat eine digitale Spiegelreflex der Oberklasse derzeit noch in mehreren Bereichen: Ein separates Autofokusmodul, unabhängig vom Bildsensor, verspricht schnellere Scharfstellung und das auch bei schlechten Lichtverhältnissen, ein guter optischer Sucher ist näher an der Realität als ein elektronischer und braucht auch sehr viel weniger Strom, die Bedienung der Kamera, und das schließt das Menüsystem ein, ist über Jahre verfeinert worden und stellt immer noch den Stand der Technik dar.
Wer vom Handy oder einer einfachen Kompakten aufsteigen will, liegt mit einer Spiegelreflex also durchaus richtig. Ab 300,– Euro ist man hier bereits dabei, auch wenn man mit viel Plastik leben muß. Stellvertretend die Canon 1300D, wie alle Einsteiger in diesem Segment mit APS-C großem Sensor:
Eine derartige Kamera (und das gilt auch für die entsprechenden Modelle von Nikon oder Pentax) kann fast alles, was die Großen können, nur meist etwas langsamer: Das gilt für den Autofokus ebenso wie für Serienaufnahmen. Der Suchereinblick ist nicht ganz so großzügig, die Batterie hält nicht ganz so lange und Videoaufnahmen sind eindeutig nicht die Stärke solcher Kameras: Zu viel Strom verbraucht der hochgeklappte Spiegel und zu träge ist der Autofokus. Trösten kann man sich bei Canon und Nikon vor allem mit einem Objektivangebot, das über Jahrzehnte gewachsen ist und an das die Spiegellosen wohl niemals heran kommen werden. Das gilt auch für manuelle Objektive aus der analogen Zeit, die sich problemlos adaptieren lassen.
Wie bei der spiegellosen Konkurrenz kosten Kameras mit größeren Sensoren natürlich mehr; der günstigste Einstieg ins Vollformat beginnt bei etwa 2.000,– Euro und steigt bei Spitzenmodellen wie der Nikon D850 auf etwa das Doppelte:
Derzeit werden digitale Spiegelreflexkameras von den Urgesteinen Canon, Nikon und Pentax angeboten, aber auch Sony hat die Kategorie noch nicht ganz aufgegeben. Die mit von Minolta geerbter Technik ausgestatteten A-Modelle führen allerdings inzwischen ein Mauerblümchendasein: Seit zwei Jahren gibt es weder neue Kameras noch Objektive für das Format; einen Einstieg in das System kann man nicht mehr guten Gewissens empfehlen.
Über die Zukunft der klassischen digitalen Spiegelreflex mit Rückschwingspiegel kann man abendfüllend spekulieren. Dem Markt und seinen Teilnehmern ist eine gewisse Schwerfälligkeit eigen und wer privat oder beruflich in das eine oder andere System investiert ist, wird wohl nicht leicht wechseln. Die in nächster Zeit zu erwartenden spiegellosen Systemkameras sowohl von Nikon (Z6 und Z7) als auch von Canon (EOS R) werden daher auf die Bestandskunden Rücksicht nehmen müssen, so wie auch Microsoft dafür Sorge tragen muß, daß Software aus den 90ern auch auf Windows 10 noch läuft. Das wird es schwer machen, alte Zöpfe abzuschneiden.
Unter den nicht-Systemkameras sind die Superzooms die mit Abstand populärste Kategorie. Besonders im Urlaub kann man mit Brennweiten zwischen 20mm und 3.000mm absolut alles erschlagen. Ein Zoomobjektiv ist aber immer ein Kompromiß und das gilt auch für die Kamera, die mit dranhängt. Als Faustregel gilt hier: Je größer der Zoomfaktor, desto kleiner der Sensor. Mit dem kleineren Sensor geht aber immer auch eine geringere Lichtempfindlichkeit und höheres Rauschen einher, weshalb einige Exemplare dieser Kategorie zu Recht als „Schönwetterkameras“ tituliert werden dürfen.
Auch wenn die Verlockung groß ist: Vom 50x Zoom hat man als Allgemeinfotograf nur gelegentlich etwas („Murmeltiere in den Dolomiten bei Sonnenschein“), vom größeren Sensor und der damit verbundenen höheren Empfindlichkeit profitiert man aber praktisch dauernd: im Restaurant und in der Kneipe, in der Kirche, im Museum, in der Dämmerung, bei Regen und so weiter.
Traditionell spricht man übrigens erst ab einem Zoomfaktor von 10x von Superzoom – das gegenwärtige Maximum liegt bei 125x mit der Nikon P1000. Die Sensorgrenze, um es mal so zu nennen, liegt bei einem Zoomfaktor von etwa 25x. Bis zu diesem Wert bekommt man noch Kameras mit 1″ Chip, etwa die Sony RX10 IV:
Bezogen auf das Vollformat entspricht die Brennweite hier etwa dem Bereich von 24mm – 600mm. Wer sich unter 600mm nichts vorstellen kann, nimmt den Vergleich mit der „Normaloptik“ zu Hilfe: 50mm Brennweite geben etwa den Seheindruck des menschlichen Auges wieder. Die maximale Vergrößerung des Objektivs im Telebereich (dem „langen Ende“) liegt also bei 600mm/50mm = 12-fach. Bei einem Fernglas wäre das schon recht ordentlich und nur noch schlecht aus der Hand zu halten, weshalb derartige Kameras stets einen Bildstabilistor aufweisen. Am sogenannten „kurzen Ende“ (also in diesem Fall der Weitwinkelbrennweite von 24mm) hilft der Vergleich mit der rückwärtigen Kamera vom Handy: Diese haben meistens Brennweiten um 26mm, die RX10 IV bringt also noch etwas mehr aufs Bild.
Wer am langen Ende weiter hinaus will, bekommt nur noch einen fingernagelgroßen Kompaktsensor, sonst würden sowohl Objektiv wie Kamera einfach zu groß werden; als Beispiel hier die beliebte Panasonic FZ82 (60x, 1.200mm Brennweite):
Die Preise für Superzooms beginnen bei unter 300,– Euro (die FZ82) und reichen bis etwa 2.000,– Euro für die RX10 IV (auch weil „Zeiss“ auf dem vorne anmontierten Glasbaustein steht).
Die Sony und die Panny sind sogenannte Bridgekameras, stehen also mit der Gehäuseform zwischen handlichen Kompakten und ausgewachsenen Spiegelreflexen. Wer es kleiner will, wird auch bei Superzooms fündig, muß sich aber im Allgemeinen mit geringerer Zoomreichweite zufrieden geben.
Diese kleiner bauenden Kompakten werden auch als Reisezooms bezeichnet und sind noch taschentauglich. Wir finden hier Zoomfaktoren zwischen etwa 8x und 40x. Immerhin noch 30x hat die Panasonic Lumix TZ91 (Kompaktsensor):
Sehr ähnlich und durch die Beschränkung auf ein immer noch reichliches 15x Zoom dagegen mit 1″ Sensor – die Panasonic Lumix TZ202:
Grundsätzlich würden wir bei Superzooms, gleich ob im Bridge- oder Kompaktformat, immer zu einem Modell mit elektronischem Sucher raten. Mit 50x am langen Arm kann man auch mit stabilisierter Optik weder Bildausschnitt noch Schärfe vernünftig beurteilen, dazu muß man die Kamera am Auge haben. Kompaktkameras haben wegen des kleinen Gehäuses dabei oft Sucher mit niedriger Vergrößerung und knappem Augenabstand; besonders Brillenträgern würden wir daher empfehlen, den Suchereinblick im Fachhandel oder Elektromarkt auszuprobieren.
Zwischen kompakten Superzooms und spiegellosen Systemkameras ist noch Platz für eine weitere Kategorie: Kompakte Digitalkameras für Anspruchsvolle und Gutbetuchte. Allen gemeinsam sind größere Sensoren (1″ bei Sony und Panasonic, APS-C bei Fujifilm oder Canon), lichtstarke Optik, gerne auch mit Edelmarkenlogo (Zeiss oder Leica) und entsprechende Preisschilder.
Vertreter schlechthin und mit Abstand meist verbreitet ist Sonys RX100 Reihe, die mittlerweile auf sechs Modelle angewachsen ist. Stellvertretend die sechste Generation, RX100 VI:
Alle sechs Kameras sind im Handel noch erhältlich, auch das Urmodell von 2012. Da ältere Varianten regelmäßig billiger werden, reicht die Preisspanne mittlerweile von 300,– bis 1.300,– Euro. Da verliert man leicht den Überblick, weshalb wir für die RX100 eine eigene Kaufberatung haben.
Die Sonys kommen alle mit 1″ Sensor (mit der RX1 halten die Japaner auch eine Edelkompakte mit Vollformatsensor bereit, aber die wendet sich klar an Bestbetuchte); wer mehr Fläche will, wird dagegen bei Fuji fündig: Das Traditionsunternehmen bietet mit der nostalgischen X-100 Reihe ein aus dem Vollen gefrästes Ganzmetallprachtstück an, das einen APS-C großen Sensor verbaut. Die vierte Generation der Reihe, die X100F:
Generell kann man bei den genannten Kompakten von gleich hoher Bildqualität wie bei den Systemkameras der jeweiligen Marke ausgehen; viele der verbauten Komponenten sind identisch. Man verzichtet eben auf die Flexibilität einer Wechseloptik.
Bei den Action Cams finden wir zunächst die GoPro Hero und weitere Modelle vom Erfinder der Kategorie aus USA, dazu mittlerweile zahllose Klone aus Fernost, die hauptsächlich über den Preis punkten können. Das reichliche Angebot und die beträchtliche Starrsinnigkeit der Unternehmensleitung hat dazu geführt, daß die Amerikaner in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerieten, untergangen sind sie aber bislang noch nicht.
Stellvertretend die GoPro Hero 6, also gewissermaßen das Maß aller Dinge:
Und die Apeman A80 am anderen Ende (in vieler Hinsicht):
Die Fernostprodukte sind drastisch billiger und kommen im Allgemeinen bereits mit einem Sortiment von recht brauchbarem Zubehör, für das man woanders gleich nochmal zur Kasse gebeten wird. Dafür muß man unter anderem Abstriche bei der Bildqualität und bei der Wirksamkeit des elektronischen Stabilisators akzeptieren.
Hero und Klone kommen mit Festbrennweiten, die meist eine sehr ausgeprägte Weitwinkelcharakteristik und eine kleine Blende haben. So kommt viel aufs Bild und alles ab einem halben Meter Entfernung wird auch ohne Autofokus scharf abgebildet. Der Schwerpunkt liegt klar auf den Videofähigkeiten, auch wenn alle Modelle auch Standbilder aufnehmen können.
In derselben Kategorie und doch genügend differenziert finden sich die Outdoorkameras; wie GoPro und Co. mit Kompaktsensoren ausgestattet, aber bereits von Haus aus stoßsicher und normalerweise mindestens unterwassergeeignet bis 10m, manchmal darüber. Von Design, Funktion und Bedienung lehnen sich diese Modelle eher an klassische Digitalkameras an; einige kommen dazu mit optischem Zoom und die Fotografie steht im Vordergrund. Wer viel taucht, sollte zu einem Modell greifen, das Aufnahmen im RAW Format gestattet; bei der unweigerlich notwendigen Nachbearbeitung der Unterwasserbilder am Rechner hat man so wesentlich mehr Spielraum.
Typischer Vertreter ist die Olympus Tough TG-5:
Veröffentlicht: 15.07.2018 07:02
Autor: Camera Creativ Team
Bildnachweis: Camera Creativ bzw. Hersteller (soweit nicht anders angegeben)
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