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In diesem ausführlichen Vergleich schauen wir uns die aktuellen digitalen APS-C Spiegelreflexkameras von Canon genauer an.
Unser Vergleich beschränkt sich dabei aus Platzgründen auf die Modelle EOS 1300D, EOS 800D, EOS 77D und EOS 80D. Die Vorjahresmodelle (EOS 1200D, EOS 750D / 760D), auch wenn sie zum Teil noch im Handel erhältlich sind, werden nicht betrachtet.
Canon plaziert die EOS 1300D als „Einsteiger“ Kamera für Leute, die mit dem Handy oder der Kompaktkamera nicht mehr zufrieden sind. Die zum Teil deutlich teureren Modelle 800D, 77D und 80D wenden sich dem gegenüber an fortgeschrittene Amateure.
Auf dem Papier sind sich die vier Kandidaten dabei recht ähnlich, auch die äußerlichen Unterschiede sind zunächst gering. In der folgenden Tabelle sind die wesentlichen Daten des Quartetts aufgeführt, sortiert nach der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers; die EOS 1300D als preiswerteste Kamera steht ganz links, die EOS 80D steht als teuerstes Modell entsprechend in der ganz rechten Spalte
EOS 1300D | EOS 800D | EOS 77D | EOS 80D | ||
Prozessor | Digic 4+ | Digic 7 | Digic 7 | Digic 6 | |
Sensor | APS-C | APS-C | APS-C | APS-C | |
Auflösung (MP) | 18.00 | 24.20 | 24.20 | 24.20 | |
Bilder / Sekunde | 3 | 6 | 6 | 7 | |
Sensorreinigung | |||||
Autofokuspunkte | 9 | 45 | 45 | 45 | |
Dual Pixel AF | |||||
Max. Videoauflösung | 1920 x 1080 | 1920 x 1080 | 1920 x 1080 | 1920 x 1080 | |
Externes Mikro | |||||
Bildschirm (MP) | 0.92 | 1.04 | 1.04 | 1.04 | |
Touchscreen | |||||
Schwenkbar | |||||
Zusätzl. Display | |||||
Suchertyp | Pentamirror | Pentamirror | Pentamirror | Pentaprisma | |
Suchervergrößerung | 0.50 | 0.52 | 0.52 | 0.59 | |
Blitz | |||||
Blitzreichweite (m) | 9.20 | 12.00 | 12.00 | 12.00 | |
WiFi / Wlan | |||||
Akkureichweite |
500 | 600 | 600 | 960 | |
Maße (BHT, mm) | 129.0 x 101.3 x 77.6 | 131 x 100 x 76.2 | 131 x 100 x 76.2 | 139.0 x 105.2 x 78.5 | |
Gewicht (g) | 485 | 532 | 540 | 730 | |
UVP (nur Gehäuse) | ca. EUR 319,– | ca. EUR 749,– | ca. EUR 799,– | ca. EUR 1.339,– | |
Tagespreis | Hier klicken | Hier klicken | Hier klicken | Hier klicken |
Tip: Klick auf das Kamerabildchen öffnet die Camera Creativ Themenseite zur jeweiligen Kamera. Der aktuelle Tagespreis wird durch Klick auf den jeweiligen Link in der letzten Zeile der Tabelle ermittelt.
Wie man sieht, ist die Preisspanne, zumindest bezogen auf die Listenpreise, ganz erheblich: Das Gehäuse der EOS 80D kostet gut viermal soviel wie das der EOS 1300D. Da fragt man sich natürlich, ob es nicht sinnvoll ist, die „kleine“ zu kaufen und die Preisdifferenz in Objektive, Wechselakkus oder anderes Zubehör zu stecken.
Alle vier Spiegelreflexkameras verfügen über einen Sensor im APS-C Format, die untenstehende Infographik veranschaulicht die Größe im Vergleich mit anderen heute gängigen Formaten (die in gängigen Smartphones verbauten Bildaufnehmer sind nochmals um einiges kleiner als der kleinste Sensor in der Graphik):
(Die als Maßstab abgebildete Münze hat einen Durchmesser von 23.5mm)
Der Sensor mißt etwa 22.3 x 14.9mm²; er ist deutlich kleiner als ein Vollformat Sensor, aber immerhin größer als Chips in den Formaten Micro Four Thirds oder 1 Zoll. Der Sensor hat APS-C typisch einen Cropfaktor von 1.6, d.h. ein Objektiv von etwa 30mm Brennweite entspricht ungefähr der 50mm Normalbrennweite beim Kleinbild.
Noch nie vom Cropfaktor gehört? Dann bitte gelegentlich unseren Grundlagenartikel zu Sensorformaten und Cropfaktor lesen.
Die 1300D hat mit etwa 18 Megapixel die niedrigste Auflösung der Runde. Nun sind die Tage des Rennens um die höchste Auflösung glücklicherweise vorbei; auch mit der preiswertesten EOS kann man bei Bedarf problemlos bis DIN A2 ausdrucken. Die höhere Auflösung der anderen drei hat aber durchaus ihre Berechtigung: Man hat mehr Reserve, falls man unerwünschte Bildteile oder -ränder abschneiden möchte. Im Prinzip können hier 25% eines Bilds unter den Tisch fallen, dann bleibt immer noch mehr übrig als bei der 1300D.
Mit allen vier Kameras können Photos im RAW Format gespeichert werden, also so wie sie vom Sensor kommen, ohne jede Nachbearbeitung oder Schärfung. Die Konvertierung in JPEGs kann dann am PC mit Canons eigenem Konverter oder z.B. Adobe Lightroom erfolgen. Auf die praktische Sensorreinigung muß man bei der 1300D verzichten. Es ist fast unvermeidlich, daß sich bei häufigem Objektivwechsel Staub auf dem Sensor ansammelt, da muß man dann bei Bedarf mit Pinselchen und Blasebalg ran.
Alle vier Kandidaten verfügen über einen EF-S Anschluß. An dieses Bajonett können alle aktuellen Canon EF und EF-S Objektive angesetzt werden, außerdem alle entsprechenden Objektive von Fremdherstellern (Sigma, Tamron usw.). Die Auswahl für EF / EF-S ist enorm: Man kann von mindestens 250 verschiedenen Objektiven ausgehen. Dazu kommen historische Objektive (z.T. per Adapter anschließbar), da muß man dann aber i.A. auf den Autofokus verzichten.
Hier ist die Sache klar: EOS 800D, EOS 77D und EOS 80D verfügen über ein erheblich leistungsfähigeres Autofokussystem. Die drei können nicht nur sicherer und schneller scharfstellen, sie können das auch bei deutlich weniger Licht.
Die neun Autofokuspunkte der 1300D können unter Umständen sehr wenig sein; bei kontrastarmen Motiven und schlechten Lichtverhältnissen kann es passieren, daß die Kamera nicht zuverlässig scharfstellt; das äußert sich dann im Hin- und Herfahren des Fokusmotors, auch als Fokuspumpen bezeichnet. In der normalen Betriebsart („One Shot“, d.h. Fokuspriorität) löst dann die Kamera nicht aus, wenn man den Auslöser voll durchdrückt.
Bei hochgeklapptem Spiegel, also bei Videoaufzeichnung und LiveView, können die drei teureren Modelle einen weiteren Vorteil ausspielen: Dual Pixel Autofokus (DPAF). DPAF ist schneller und genauer als der kontrastbasierte Autofokus der 1300D.
Neben dem besseren Autofokus haben die drei Amateurkameras aber auch eine deutlich höhere Bildfrequenz als der Einsteiger: Selbst EOS 800D und 77D sind noch doppelt so schnell wie die 1300D. Man bekommt also vielleicht noch Bilder in den Kasten, die dem langsameren Modell entgehen, das ja auch noch durch den unterlegenen Autofokus benachteiligt ist. Die Sandburg am sonnigen Strand wird die 1300D ohne Probleme hinbekommen, beim Sport in der dämmrigen Halle haben die anderen drei die Nase vorn.
Sehr geringe Unterschiede hier. Alle vier nehmen Video in FullHD (1920 x 1080 Pixel) auf; 4K Video, bei Smartphones schon länger nichts besonderes mehr, kann keine der Kameras aufzeichnen.
Die drei Amateurkameras bieten erfreulicherweise einen Anschluß für ein externes Mikrophon. Zwar haben alle vier Kandidaten auch ein eingebautes Mikro auf der Gehäusevorderseite, doch integrierte Mikrophone können auch Kamera- und Objektivgeräusche (z.B. Fokuspiepton, Fokusmotor oder Stabi) mit aufzeichnen. Mit einem externen Mikrophon kann man das umgehen.
Das eingebaute Mikro einer EOS 1300D:
Für das Filmen von Interviews ist ein externes Mikro sogar zwingend notwendig (z.B. ein preiswertes Ansteck- oder Lavaliermikro), da die internen Mikrophone durch ihre Charakteristik den kompletten Raumton aufnehmen, was bei einem Interview natürlich nicht erwünscht ist. Die einzige Alternative zum externen Mikrophon wäre dann ein separates Aufnahmegerät.
Tip: Die Aufzeichnung von FullHD Videos stellt hohe Anforderungen an die Speicherkarte. Siehe hierzu unseren Grundlagenartikel Welche Speicherkarte für FullHD und 4K Video?, der die verschiedenen Normen und Geschwindkeitsklassen von Speicherkarten erklärt.
Zur Wiedergabe von aufgezeichneten Videos und Bildern haben alle vier Kameras einen Mini HDMI Ausgang unter einer Klappe an der Seite. Über einen gängigen Mini HDMI auf HDMI Adapter kann die Kamera an einen Fernseher oder Computermonitor angeschlossen werden. Auch bei LiveView kann über HDMI das Bild an Fernseher oder Monitor gestreamt werden, allerdings ohne Ton, da es sonst zu Rückkopplungen mit dem Mikro der Kamera käme.
EOS 1300D, EOS 800D und EOS 77D verfügen über einen Pentaspiegel Sucher. Hier wird das vom Objektive kommende Licht über eine Reihe von Spiegeln ins Auge gelenkt. Die 80D verfügt statt dessen über ein Pentaprisma, einen einzelnen, speziell geformten Glaskörper, der das Bild zum Okular lenkt.
Sucher mit Pentaspiegeln sind preiswerter herzustellen, haben aber ein etwas dunkleres Sucherbild als Prismensucher, da durch mehrfache Reflektion im Suchergehäuse Licht verloren geht.
Die Suchervergrößerung bei den Pentaspiegelsuchern (ca. 0.5 – 0.52x) ist außerdem um einiges geringer als bei der 80D (ca. 0.59x). Je geringer die Vergrößerung, um so stärker der Eindruck, beim Blick durchs Okular in einen Tunnel zu schauen.
Nachfolgende Simulation zeigt die Unterschiede in der Suchervergrößerung; von links: 1300D, 800D, 77D, 80D:
(Die rote Markierung gibt die höchste derzeit auf dem Markt anzutreffende Vergrößerung an, 0.85x, Fujifilm GFX 50S.)
Fazit: Die 80D hat den besten Sucher der vier Kandidaten.
Eine andere Situation finden wir bei den Bildschirmen. Der Monitor der 1300D ist fest eingebaut, kann also nicht herausgeklappt oder -geschwenkt werden. Das kann in bestimmten Aufnahmesituationen ein Nachteil sein, z.B. bei Aufnahmen mit Selbstauslöser, Selfies, Makros, Über-Kopf Photographieren usw.:
Der Bildschirm der 80D, ausgeklappt:
Ebenfalls praktisch: Die Bildschirme von 800D, 77D und 80D sind als Touchscreen ausgeführt. Eine feine Sache, wenn man z.B. gezielt einen Autofokuspunkt auswählen will.
Alle vier Kameras unterstützen Canons LiveView: Hier wird per Knopfdruck der Spiegel hochgeklappt (der Sucher wird also dunkel) und ein Livebild vom Sensor wird auf dem Monitor angezeigt. Für Anwendungen wie Produktphotos, Makro usw. äußerst nützlich.
EOS 77D und EOS 80D haben schließlich auf der Oberseite noch ein weiteres Display, das Aufnahmeparameter, Betriebsart usw. anzeigen kann.
Im Bild die 80D:
Bei beiden Modellen kann dieses zusätzliche Display auf Knopfdruck beleuchtet werden.
Sehr geringe Unterschiede hier. Alle vier Kameras verfügen über ein eingebautes Blitzgerät, das per Knopfdruck ausgeklappt werden kann. Mit einer Blitzreichweite (Leitzahl) von etwa 9-12m wird man in allen gängigen Situationen hinkommen.
Die internen Blitzgeräte können nicht verschwenkt werden und blitzen direkt nach vorne, was zu hartem Licht und Schlagschatten führen kann. Wenn man indirekt, also z.B. über die Decke, blitzen möchte, muß man einen externen Blitz verwenden.
Alle Kandidaten haben dafür einen Blitzschuh auf der Oberseite, an den ein externes Blitzgerät oder ein Fernauslöser für Satellitenblitze angesteckt werden kann.
Alle vier Modelle haben WiFi / Wlan bereits eingebaut, Zusatzgeräte oder Adapter sind anders als früher nicht mehr erforderlich.
Über WiFi kann die Kamera ferngesteuert und Bilder aufs Handy übertragen werden. Ebenso können mit der Kamera gemachte Bilder mit vom Handy ermittelten GPS Koordinaten versehen werden (wozu das gut ist, zeigt z.B. unser GPS Tutorial für Adobe Lightroom).
Zunächst wird dafür in der Kamera das WiFi aktiviert und Verbindung mit Smartphone ausgewählt (Menü > Schraubenschlüssel). Die EOS baut dann ein Ad-Hoc WiFi Netzwerk auf.
Am Handy wird das Netzwerk ausgewählt und die Verbindung hergestellt (dazu das am Kameradisplay angezeigte Passwort eintippen):
In diesem Beispiel haben wir eine Verbindung mit einer EOS 1300D hergestellt.
Nach erfolgter Verbindung kann auf dem Handy nun Canons Camera Connect gestartet werden:
Für die Aufnahme und Fernsteuerung der Canon EOS wählt man nun Remote Live View Aufnahme. Der Spiegel der Kamera klappt hoch und das Live Bild von Sensor wird ans Handy übertragen. Hier kann man nun Aufnahmeparameter einstellen, auslösen usw. :
(Alle Screenshots oben zeigen die App auf einem Android Handy; das Ganze gibt es aber genau so auch fürs iPhone.)
Außer über WiFi können alle vier Kameras auch über USB gesteuert werden. Dazu bietet Canon das kostenlose EOS Utility für Windows PCs und Mac an.
Zusätzlich zum EOS Utility gibt es von Canon noch eine Reihe weiterer Anwendungen. Anders als früher liegen jedoch den Kameras keine CDs/DVDs mehr bei; die Programme sind sämtlich von der jeweiligen Produktseite bei Canon ladbar.
EOS 1300D, EOS 800D und EOS 77D verwenden den selben Akku vom Typ: LP-E10, der für 500-600 Aufnahmen gut ist. In der EOS 80D steckt statt dessen ein LP-E6N, der etwa 950 Aufnahmen weit reicht.
In allen Fällen sollte man mit einer Akkuladung einen Tag hinkommen, wir würden dennoch zumindest einen Wechselakku empfehlen. Videoaufnahmen und LiveView zehren erfahrungsgemäß heftig am Akku. Wer viel filmt, nimmt besser zwei.
Zu beachten ist noch, daß die Akkus nicht in der Kamera geladen werden können. Man muß sie grundsätzlich aus dem Apparat nehmen und im mitgelieferten Ladegerät mit Netzanschluß aufladen.
Canon Originalakku – ja oder nein? Eine Glaubensfrage. Wir bei Camera Creativ verwenden schon seit Jahren Wechselakkus des Anbieters Patona in allen möglichen Kameras und hatten damit noch nie Probleme. Die Preisersparnis ist erheblich.
Geringe Unterschiede bei den Abmessungen; die Canon 80D ist die schwerste der vier Kameras, aber immer noch kein Klotz am Arm.
Also, welche soll man nun kaufen?
Für Anwendungen bei schönem Wetter, im Urlaub oder bei der Radtour ist die Canon 1300D auf jeden Fall eine Empfehlung. Man muß einige Einschränkungen hinnehmen, aber kann das gesparte Geld in Zubehör stecken. Weniger geeignet ist die 1300D für Actionaufnahmen (Sport). Wer viele Videos dreht, sollte lieber zu einem der Modelle mit Anschluß für externes Mikro greifen. Auch der Dual Pixel Autofokus der teureren Modelle ist für Videofilmer viel wert.
Unser Preistip: Canon EOS 1300D
Anspruchsvollen Amateuren würden wir zur Canon 77D raten. Der Aufpreis von nur EUR 50,– gegenüber der EOS 800D ist schon für das zusätzliche Display gerechtfertigt. Dagegen ist der Sprung von der 77D zur EOS 80D schon erheblich größer. Ob einem der bessere Sucher mehrere hundert Euro wert ist, muß jeder für sich selbst entscheiden.
Unsere Empfehlung: Canon EOS 77D
Veröffentlicht: 02.03.2017 09:21
Autor: Camera Creativ Team
Bildnachweis: Camera Creativ bzw. Hersteller (soweit nicht anders angegeben)
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